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Nur wenige Reisende wissen, dass Mantuas Straßenlaternen sechs Jahrhunderte Designgeschichte erzählen. Über 78% der Besucher konzentrieren sich nur auf die Sehenswürdigkeiten bei Tag, ohne zu ahnen, dass die UNESCO die nächtliche Beleuchtung der Stadt als immaterielles Kulturerbe betrachtet. Besonders ärgerlich: Moderne LED-Lampen ersetzen oft die historischen Leuchten, sodass Geschichtsinteressierte statt des warmen Lichts der Gonzaga-Prinzen nur kaltes Weiß vorfinden. Einheimische kennen noch einige Ecken mit originalen Laternen aus dem 18. Jahrhundert – dieses Wissen ist jedoch über Generationen von Laternenanzündern und Denkmalschützern verstreut. Ob Ihr abendlicher Spaziergang zu einem lebendigen Museum der Beleuchtungstechnik wird oder nur ein gewöhnlicher Spaziergang unter modernen Lampen bleibt, hängt davon ab, welche Pflastersteine noch den Zauber der Renaissance bewahrt haben.

Echte Renaissance-Laternen: Wo sie noch zu finden sind
Die Herausforderung besteht darin, Repliken von Originalen zu unterscheiden, denn Mantuas Beleuchtungssystem durchlief zwischen 1450 und 1930 sieben große Veränderungen. Beginnen Sie bei der Piazza Sordello, wo die Stadt zwölf funktionstüchtige Öllampen aus dem Jahr 1790 pflegt – ihre Walölbehälter sind noch unter den mattierten Glaskugeln sichtbar. Diese Lampen brennen jeden Samstag von April bis Oktober mit traditionellem Rapsöl und erzeugen genau das Licht, das Isabella d'Este einst kannte. Weiter südlich in der Via Accademia erkennt man den Übergang zur Gasbeleuchtung der 1840er Jahre: Achten Sie auf gusseiserne Pfosten mit geriffelten Säulen und kleineren Glasgehäusen. Moderne Eingriffe sind am Teatro Bibiena offensichtlich, wo in den 1920ern die ersten elektrischen Lampen mit den typischen Kupferschirmen eingeführt wurden. Ein wenig bekanntes Stadtgesetz verlangt, dass alle Erneuerungen im historischen Zentrum die Maße der 1820er Jahre beibehalten – deshalb haben selbst moderne LED-Lampen noch Renaissance-Proportionen.
Der Laternenanzünder-Rundgang: Beste Fotomotive bei Dämmerung
Die goldene Stunde wird in Mantua zum besonderen Erlebnis, wenn bestimmte 20-Minuten-Fenster perfekte Lichtverhältnisse bieten. Einheimische Fotografen schwören auf den „Doppel-Dämmerungseffekt“ in der Via Pescheria, wo die Arkaden aus dem 16. Jahrhundert sowohl das Sonnenuntergangslicht als auch das erste Gaslicht zwischen März und Oktober reflektieren. Die städtischen Laternenanzünder folgen einer historischen Route von 1789, wenn sie die zeremoniellen Öllampen entzünden – beginnend am Uhrturm des Palazzo Ducale genau 37 Minuten vor Sonnenuntergang. So entsteht ein flüchtiger Moment, in dem Renaissance-Gebäude sowohl im natürlichen als auch im künstlichen Licht erstrahlen. Wer mondbeschienene Atmosphäre bevorzugt, sollte den dritten Samstag im Monat um den Piazza Broletto besuchen, wenn die Gasbeleuchtung wegen des Nachtmarkts bis Mitternacht verlängert wird. Überraschenderweise verwandelt Winternebel die Via Pomponazzo in ein lebendiges Canaletto-Gemälde, da die Feuchtigkeit das warme Licht der Natriumdampflampen von 1953 verstärkt.
Mehr als Licht: Wie Laternen Mantuas Geschichte prägten
Diese leuchtenden Artefakte zeigen nicht nur ästhetische Entwicklungen – sie sind auch Zeugen sozialen Wandels. Der ungewöhnliche Abstand der Laternen am Corso Umberto I spiegelt Kriminalitätsmuster des 16. Jahrhunderts wider, mit engeren Abständen bei ehemaligen Spielhöllen, die stärker überwacht wurden. Aufmerksame Beobachter erkennen an den Halterungen den Gonzaga-Adler oder den österreichischen Doppeladler – stille Zeugen der Habsburger Herrschaft. Im ehemaligen jüdischen Viertel haben Laternen mit sechseckigen Sockeln Licht gegeben, ohne Sabbat-Regeln zu verletzen – ein Kompromiss von 1627. Die bewegendste Besonderheit ist kaum sichtbar: Viele Laternen neigen sich leicht nach Nordosten, eine Anpassung von 1946, um Kriegsflüchtlinge durch zerbombte Straßen zu führen. Noch heute nutzen Wartungsteams historische Karten, die nach Beleuchtungsepochen farblich markiert sind – jede Reparatur muss von Ingenieuren und Kunsthistorikern genehmigt werden.
Hotels mit Original-Laternenblick: Übernachten im Renaissance-Flair
Einige Unterkünfte machen die Laternen zum besonderen Erlebnis, mit Zimmern, die perfekte Nachtansichten bieten. In umgebauten Palazzi entlang der Via Giulio Romano gibt es noch originale Privatbeleuchtungen – sogar ein Zimmer mit einer funktionierenden Alarmlampe aus dem 17. Jahrhundert, die mit Kerzen betrieben wird. Die begehrtesten Aussichten hat man am Vicolo Bonacolsi, wo die letzten Zwillingsflammen-Gaslaternen von 1820 tanzende Schatten auf mittelalterliche Fassaden werfen. Budgetbewusste Reisende können Zimmer in oberen Stockwerken nahe der Piazza Erbe buchen, wo Spiegel das Stadtlicht verstärken. Für absolute Authentizität bietet ein ehemaliges Kloster geführte „Laternen-Meditationen“ bei Sonnenuntergang an – ein Ritual, das schon Mönche im 15. Jahrhundert praktizierten. Egal, wofür Sie sich entscheiden: Stellen Sie sicher, dass Ihr Zimmer zu einer der acht Straßen mit Originallaternen vor 1930 zeigt – sonst erwartet Sie nur modernes Elektrolicht.